Ausgestoßen by Shimazaki Tōson

Ausgestoßen by Shimazaki Tōson

Autor:Shimazaki Tōson
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2023-05-03T00:00:00+00:00


13. KAPITEL

1

Verzeihung! Darf man eintreten?« rief ein modisch gekleideter Herr am Eingang zum Wohnhaus des Lotosblütentempels. Das war am Morgen nach der Rückkehr Ushimatsus. Unten hatte man schon längst gefrühstückt, Ushimatsu aber war noch nicht einmal zum Waschen heruntergekommen. »Verzeihung! Darf man eintreten?« rief es noch einmal, woraufhin Kesaji, das Hausmädchen, aus der Küche gehastet kam. »Sie werden entschuldigen«, sagte der Herr in ausgesucht höflichem Ton. »Wohnt hier ein Herr Segawa? Der Herr Segawa von der hiesigen Volksschule?«

»Ja, ganz recht«, antwortete Kesaji, während sie die Ärmel herunterstreifte und sich verbeugte.

»Ist er noch zu Hause?«

»Ja.«

»Ich hätte ihn gern gesprochen. Würden Sie ihm bitte meine Karte geben und ihm das ausrichten«, sagte der Herr und reichte ihr seine Visitenkarte.

»Warten Sie bitte einen Augenblick«, entgegnete Kesaji und eilte die Treppe hinauf.

Ushimatsu schlief noch. Kesaji trat an sein Kopfkissen und weckte ihn mit den Worten: »Ein Gast für Sie!« Zuerst glaubte er noch zu träumen, stöhnte dann gequält auf, streckte eine Hand aus und rieb sich mit der anderen den Schlaf aus den Augen. Kaum aber hatte er einen Blick auf die Visitenkarte geworfen, schnellte er erschrocken in die Höhe.

»Was hat das zu bedeuten?«

»Der Herr möchte Sie sprechen.«

Noch völlig benommen, betrachtete er abwechselnd die Karte und das Gesicht der Dienerin.

»Das kann doch nicht sein!« Ushimatsu schüttelte mehrmals ungläubig den Kopf. »Takayanagi Risaburō will mich sprechen?«

Kesaji, die Schürzenbänder in der Hand, wiegte leicht ihren etwas fülligen Körper und sah in fragend an.

»Das muß ein Irrtum sein«, meinte Ushimatsu schließlich. »Ich wüßte nicht, was ich mit ihm zu tun habe.«

»Aber er hat doch gesagt, er möchte Herrn Segawa sprechen — Herrn Segawa von der Volksschule.«

»Das verstehe ich nicht! Takayanagi — Takayanagi Risaburō kommt zu mir? Weshalb? Na gut. Sagen Sie ihm, er möge sich einen Augenblick gedulden.«

»Und was ist mit Ihrem Frühstück ?«

»Frühstück?«

»Ja, Sie haben doch bis jetzt geschlafen. Wollen Sie unten essen? Ich habe die Miso-Suppe warm gestellt.«

»Lassen Sie nur! Ich habe heute morgen sowieso keinen Appetit. Führen Sie lieber den Gast unten ins Zimmer. — Ich schaffe hier schnell erst ein bißchen Ordnung.«

Kesaji ging wieder. Ushimatsu sah sich im Zimmer um, zog sich an, räumte das Bettzeug beiseite und stopfte die in einem wirren Durcheinander herumliegenden Sachen in den Schrank. Zwischen den Büchern in der Schmucknische standen die Werke Inokos. Flink schob er sie unter den flachen Tisch, holte sie aber gleich wieder hervor und versteckte sie in der äußersten Ecke des Schrankes. Mit einem letzten raschen Blick überzeugte er sich, daß keine der Schriften seines Idols noch irgendwo herumlag, und eilte dann die Treppe hinab, um sich zu waschen. Was wollte dieser Mensch von ihm? Als sie sich unterwegs begegnet waren, hatte er sich nicht zu einem einzigen Wort herabgelassen und, so gut es ging, auch jeden Blick gemieden. Und nun war er zu ihm gekommen! Die Ungewißheit darüber, was Takayanagi mit seinem überraschenden Besuch eigentlich bezweckte, machte Ushimatsu beklommen und flößte ihm sogar Angst ein.



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